Herrn Prof. mag. Christian Stelzel, der uns freundlicherweise Photokopien der originalen 1845-46 Artikeln geschickt hat, gilt unserer herzlicher Dank. Für die folgende Übertragung ist Michel Austin verantwortlich, der auch französiche und englische Übersetzungen der Artikeln bereitet hat.
Zuschauer, 14 November 1845
Zuschauer, 19 November 1845
Zuschauer, 26 November 1845
Allgemeine Theater Zeitung, 2 Dezember 1845
Zuschauer, 3 Dezember 1845
Zuschauer, 17 Dezember 1845
Der Wanderer, 5 Januar 1846
Allgemeine Theater Zeitung, 5-6 Januar 1846
Der Wanderer, 6 Januar 1846
Allgemeine Theater Zeitung, 6 Januar 1846
Allgemeine Theater Zeitung, 10 Januar 1846
Allgemeine Theater Zeitung, 12 Januar 1846
Allgemeine Theater Zeitung, 13 Januar 1846
Allgemeine Theater Zeitung, 24 Januar 1846
Allgemeine Theater Zeitung, 28 Januar 1846
Allgemeine Theater Zeitung, 26 März 1846
Eine Abbildung der Photokopie der Notiz in der Allgemeinen Theater Zeitung des 24.01.1846 ist auf einer besonderen Seite zu finden.
Siehe auch Berlioz in Vienna (Englisch)
Zuschauer, 14 November 1845 (S. 1145-6)
Hektor Berlioz.
(Biographische Notiz.)
Hektor Berlioz is zu La Côte St. André im Department der Isère am 11. Dezember 1803 geboren, steht also im kräftigsten Mannesalter. Nach dem Willen seines Vaters, eines praktischen Arztes, sollte Berlioz Medizin studiren. Er gehorchte, auch nachdem der erste musikalische Unterricht eine fast leidenschaftliche Liebe für die Tonkunst in ihm entzündet hatte, bis er in Paris, wo er die akademischen Studien der Medizin fortsetzen sollte, seinen unüberwindlichen Widerwillen gegen diese dem Vater erklärte. Die Widersetzlichkeit gegen den väterlichen Willen brachte ein hartes Los über ihn: er sah sich von den Eltern verstoßen. Aber obgleich aller Unterstützung beraubt und selbst dem Mangel an Unterhaltsmitteln plötzlich preisgegeben, folgte er mit unverzagtem Muth dem Rufe, der ihm von der Natur zukam, und öffnete sich selbst seine Bahn. Er sang als Chorist am Théâtre des nouveautés, ertheilte Gesangsunterricht und studirte unter Lesueur und Reicha im Konservatorium Musik mit solchem Erfolg, daß er im Jahre 1828 den zweiten, im Jahre 1830 den ersten musikalischen Preis und dadurch die Mittel gewann, eine zweijährige Reise nach Italien zu unternehmen. In diesem Lande “der klassischen Wunder” schwärmte und schwelgte er in maßloser Begeisterung, und nach seiner Rückkehr wuchs die wilde Leidenschaft seiner Gefühle, als sein Herz von den Flammen der Liebe ergriffen wurde. Die dramatische Künstlerin Miß Smithson entzündete die Glut seines Herzens und wurde aller Hindernisse ungeachtet die Seine. Am “Journal des Débats” ist er für musikalische Partien Mitarbeiter und hat sich durch seine veröffentlichte musikalische Reise in Deutschland als geistreicher, wenn auch nicht immer gründlicher Beurtheiler bekannt gemacht. Von seinen Werken nennen wir: “Sinfonie fantastique,” — “Szenen aus Faust von Göthe,” — Ouvertüre zu “Francs-juges” (Vehmrichter) und “König Lear,” — “der Tod Napoleon’s,” — “Sara la baigneuse,” — “Romeo und Julie” (Symphonie), einen Requiem zu Damrémonts Todtenfeier, und die Oper “Benvenuto Cellini,” welche nicht mit dem Beifall aufgenommen worden ist, den die Pariser seine Symphonien zollen. Das Urtheil Paganini’s über diese Symphonien ist für beide Künstler charakteristisch. Paganini war nämlich bei einem Konzert, das Berlioz im Herbste 1838 in Paris gab, als Zuhörer gegenwärtig, und wurde von der Musik in den Symphonien so bezaubert, daß er nach beendigtem Spiele aus seiner Loge herab in das Orchester eilte und Berlioz mit großer Inbrunst umarmte, mit den Worten: “Erlauben Sie, daß ich mich zu Ihren Füßen werfe, voll Bewunderung für Ihr herrliches Werk.” Am folgenden Morgen erhielt Berlioz von Paganini ein Billet, ungefähr des Inhalts: “Seit Beethoven ist Niemand aufgetreten, der so großartige Kompositionen geschaffen, wie Sie; vergönnen Sie mir, Ihnen als einen schwachen Ausdruck von Bewunderung und Verehrrung die Summe von 20,000 Franks zu überreichen, die ich für Sie bei Herrn. v. Rothschild hinterlegt habe.”
Auch wenn man von den Huldigungen absieht, deren sich Berlioz von Paganini, dem ehrgeizigen und ruhmgierigsten Künstler, zu erfreuen hatte, scheint in ersterem die Schöpfungskraft eines gewaltigen Genius zu wirken, der aber, weil bei ihm sich Alles in Gährung bewegt und wie eine Revolution, wie ein Sturm durcheinanderausbraust, noch nicht zu jener Ruhe des künstlerischen Bewußtseins gekommen ist, in welcher die Herrschaft der Vernunft die schäumenden Fluten der Begeisterung zügelt und in das Gefäß der klaren Ordnung zurückdrängt.
Zuschauer, 19 November 1845 (S. 1470-1)
Konzert des Herrn Hektor Berlioz
(am 16. November Mittags, im Theater an der Wien)
Berlioz besuchte uns — er kam, um an sich selbst zu erfahren, wie man in Wien über ihn, den “Beethoven Frankreiches,” urtheilt — in Wien, wo man den wahren Beethoven so glühend verehrt und so genau kennt, as nur irgendwo. Und wie in dem Vaterlande des viel gefeierten und viel geschmähten Kompositeurs die Parteien für und wider ihn kämpfen, ohne bisher noch mit ihrem Urtheile in’s Reine gekommen zu sehn: so auch scheint, nach dem Erfolge des ersten Konzerts zu schließen, das Publikum sich über Berlioz’s Talent zu zwei sehr verschiedenen Aussichten zu bekennen, von denen die negirende vorwalten dürfte. Berlioz’s Schöpfungen sind aber auch derart, daß eine solche Trennung der Stimmen entstehen muß. Während seine profunde Kenntniss der Instrumentation auch dem Kenner Achtung abnöthigt, vermißt man nur zu häufig die Klarheit des Ausdrucks in seiner Tonsprache; während man kaum einer hübschen, ja zuweilen genialen musikalischen Idee mit Vergnügen horcht, geht diese schon wieder im Gelärm des Bombardons, im Geschmetter der Posaunen, im schrillen Durcheinander der Piccolo’s und Clarinette verloren. Berlioz hatte übrigens hier, wie überhaupt in Deutschland, mit einer nicht günstigen Stimmung zu kämpfen; man hat die manchmal vorlaut absprechenden und halbwahren Urtheile, die er als musikaler Schriftsteller über uns fällt, nicht vergessen, und ist darum gar sehr geneigt, dem modernen Regenerator schärfer zu Leibe zu gehen. Deshalf möchten die kurzweg verdammenden Urtheile, die wir mitunter im Nachhausegehen zu hören bekamen, jedenfalls ein Bischen vorschnell sehn, um so mehr, wenn sie aus dem Munde von Leuten kommen, denen der Enthusiasmus für Mozart und Beethoven, für die reine, keusche deutsche Musik, wohl auf der Zunge, doch nicht im Herzen sitzt. Berlioz ist jedenfalls, trotz allem Exzentrischen, das seine Kompositionen athmen, trotz aller genialen Burzelbäume, die er sich dann und wann zum Ärger der gesetzten Musikrichter erlaubt, ein merkwürdiger Mann schon darum, weil ihn heiße, enthusiastische Liebe zur Kunst beseelt, weil er sich seinen eigenen Weg gebahnt hat, und — weil er ein Charakter ist. Versteht ihr, was das heißt, ihr Gönner Herold’s, Auber’s, Halevy’s und Balfe’s? Schade, daß Berlioz kein Deutscher! Er wäre dann vielleicht kein so berühmter Mann, als er es ist; aber er würde noch nach langen Jahren genannt werden unter den Ersten, während so sein Name, von der Gegenwart gehätschelt, vielleicht die Gränze der Zukunft nicht mehr erreicht. Das Genie des Deutschen ist eine Lebensversicherung, die nach dem Tode wirkt, das Genie des Franzosen ist eine Leibrente, die der Besitzer vergnüglich verzehrt, und die mit seinem Hintritt erlischt.
Unter den Kompositionen, welche Herr Berlioz vorführte, gebührt den eigentlichen Instrumental-Piecen entschieden den Vorrang. Vor Allem errang sich die Ouvertüre zum “Carneval von Rom” lebhaften Antheil und mußte wiederholt werden. Zunächst ist die zweite und dritte Abtheilung aus der charakteristischen Symphonie “Harold” zu nennen. Das Grundthema von Nr. 6 (Apothéose) ist originell, feurig und national, aber dem Geiste einer Symphonie nich so recht entsprechend. Weniger befriedigten die Gesangnummern. Bei der Cavatine aus der Oper: “Benvenuto Cellini,” von Frl. von Marra vorgetragen, rettete nur die brillante Schluß-Koloratur den Erfolg der ganzen Piece, und das Gesangstück mit Chor: “der alte Soldat,” hatte dem Vortrage Meister Staudigl’s gar viel zu danken. Die “Hymne” ist mit Geschick und Verstand gearbeitet, und jedenfalls eine interessante Nummer, bei der wir nur den Wunsch wiederholen möchten: wäre doch Berlioz ein Deutscher! dann würde er das unübersetzbare deutsche Wort “Gemüth” ein wenig näher kennen. Das Orchester des Theaters an der Wien (durch Mitglieder aus der Josephstadt und auch, wie mir schien, aus dem Hofoperntheater verstärkt,) hielt sich über Erwartung wacker; es ist keine Kleinigkeit, solche Sprung-Exercitien aus allen Taktarten exact durchzumachen. Das Musikkorps des 2. Artillerie-Regiments machte seine Sachen bei der “Apothéose” recht gut. Der Besuch wahr zahlreich, trotz der um’s Doppelte erhöhten Preise.
M. G.
Zuschauer, 26 November 1845 (S. 1504)
Zweites Konzert des Herrn Hektor Berlioz,
(am 23. d. M. Mittags im Theater an der Wien)
Es war recht gut, das Herr Berlioz seinem ersten Konzert, dessen Erfolg jedenfalls ein getheilter war, ein anderes folgen ließ; er hatte bei diesem zweiten Auftreten die Genugthuung, weit entschiedener durchzugreifen. Man hatte sich an die Excentricitäten des Kompositeurs bereits etwas gewohnt, man horchte williger und aufmerksamer den zahlreichen Schönheiten, die in seinen Schöpfungen aufblitzen, freilich aber, wie ich schon neulich bemerkte, oft gleich darauf in den tollen Durcheinander der Instrumente versinken. Unbestritten bleibt Berlioz eine interessante, ja merkwürdige musikalische Erscheinung; er schreibt, freilich nicht immer nach Norm und Brauch, verletzt manchmal tolldreist alle Regeln und Gewohnheiten, ist unläugbar zuweilen unverständlich, bizarr — doch was er schreibt kommt doch aus seinem Kopfe und ist nicht ein Abklatsch und Mosaik aus fremden Ideen. Wem aber ist ein geistvoller Schriftsteller, schreibt er auch zuweilen eine unleserliche Hand, vernachlässigt er auch hier und da ein Pünktlein oder einen Beistrich — nicht dennoch lieber als ein so netter Kalligraph, der die Gedanken Anderer mit sauberer Hand fein artig abzuschreiben versteht? — Ohne weiteres Raisonnement sei nun kurz über die Nummern dieses zweiten Konzerts berichtet.
Am meisten elektrisirte die vierte Abtheilung der “Symphonie phantastique” betitelt: “Der Gang zum Hochgericht,” eine Komposition, bei der sich Berlioz’s Kenntnis der Instrumentation auf’s glänzendste zeigte. Diese Piece wurde unter enthusiastischem Applause zur Wiederholung verlangt. Zunächst fanden die schon neulich gehörte: “Ouvertüre zum Carneval von Rom” und das “Abendgebet der Pilger” (aus der Symphonie Harold) lebhaften Beifall, minder die Ouvertüre zu “König Lear.” In Gesangskompositionen ist Hr. Berlioz nicht glücklich, weder die Szene mit Chor aus der Oper: “Benvenuto Cellini,” (in der Hr. Graufeld, als Tenor, seiner Aufgabe durchaus nicht gewachsen war) noch der “Gesang der kalabresischen Räubers,” von Hrn. Staudigl vorgetragen, vermochte Theilnahme zu erwecken. Interessant instrumentiert ist Leop. von Meyer’s “marokanischer Marsch” womit die Akademie schloß. Das Orchester bestand die zweite Feuerprobe, mit einer alles Lobes würdigen Energie. Hrn. Pokorny ist zu einem solch tüchtigen Musikkörper zu gratuliren. Nun können wir ganz ruhig den Opern Mayerbeer’s und Richard Wagner’s entgegensehen, welch Letzterer bekanntlich den Instrumenten Tüchtiges zu lösen gibt. Der Besuch war ziemlich zahlreich.
M. G.
Allgemeine Theater Zeitung, 2 Dezember 1845 (S. 1159)
Geschwind, was gibt’s in Wien Neues?
*** — Unser Meister Strauß (Vater), welcher den berühmten Compositeur Hektor Berlioz noch von seinem Auftenhalte in Paris persönlich kennt, hat von demselben mehrere seiner vorzüglichen Compositionen als Beweis seiner Achtung zum Andeken erhalten, sowie auch die Partitur der Ouverture zum “Carneval von Rom,” welche musikalische Piece Hr. Strauß auch mit Nächstem öffentlich produciren wird. — Wir sind gewiß, daß von allen Orchestern, welche sich in den öffentlichen Belustigungs-Orten produciren, keines in Stande ist, diese ebenso schöne als schwierige Ouverture so zur Aufführung zu bringen, wie das treffliche Orchester Straußs.
Zuschauer, 3 Dezember 1845 (S. 1535-6)
Das dritte und letzte Konzert des Herrn Hektor Berlioz,
(am 29. November, im k. k. priv. Theater and der Wien),
hat mit enschiedenem Beifall und Anerkennung seines eigenthumlichen, vielleicht uns noch fremdartigen, aber doch unbestritten großen Talentes Statt gefunden. Stürmischen Beifall erregte “Das Gebet der Pilger auf ihrem Zuge” aus der Symphonie “Harold,” eine zarte poetische Komposition, deren ergreifende Choral-Klänge im leisesten Adagio verschwanden. Die Ballade “Der dänische Jäger,” von Staudigl mit gewohnter Meisterschaft zu wiederholten Malen vorgetragen, erinnert durch Gemüthlichkeit und Harmonie an Schubert und C. M. von Weber, jedoch in großartigen Style. Die Ouvertüre zum “Carneval von Rom” erregte Enthusiasmus und mußte unter wahrem Beifallsturme, nachdem der Vorhang schon gefallen war, auf allgemeines Verlangen wiederholt werden. Eine gleiche Ehre ward dem Schluß der “Episode aus dem Leben eines Künstlers.” — Die genialen Schöpfungen des Herrn Hektor Berlioz sind ohne Zweifel außerordentliche Erscheinungen im Gebiete der Kunst, Kometen vielleicht im geordneten Planetengebäude des Musikhimmels. Seine Kompositionen stoßen anfänglich durch bizarre und regellose Formen ab, aber bald dringt das Licht einer gläzenden Originalität durch das dunkle wirre Chaos. — Delle. Treffz sang zwei französische Romanzen: “le jeune pâtre Breton” und das Bolero: “Zaide.” Es wurde ihr die verdiente Ehre beifälligen Hervorrufens zu Theil.
Ch. B — t.
Zuschauer, 17 Dezember 1845 (S. 1600)
[…] Begeisterung bemächtigte sich unser bei Anhörung der großen Arie “Ozean, du ungeheuer” aus der Oper “Oberon,” von C. M. von Weber. Herrlich instrumentirt, tief gedacht und kräftigen und energischen Charakters, gab sie zugleich vollauf Gelegenheit, das glänzende Gesangtalent der Frau van Haßelt-Barth bewundern zu laßen. Stürmisch mehmals gerufen, wiederholte diese dramatisch-große Sängerin den Schluß der sehr anstrengenden Arie bereitwillig. […] Dem Gründer der philharmonischen Konzerte, dem geistvollen Dirigenten Otto Nikolai, und sämmtlichen Orchester-Personal des k. k. Hof-Operntheaters, das mit musterhafter Präzision all’ diese großartigen Tonwerke ausgeführt, ward die verdiente Ehre zu Theil. Se. Majestät der Kaiser beehrten dieses Konzert durch Höchstihre Anwesenheit. Auch die beiden, eben hier anwesenden französischen Tonmeister, Hektor Berlioz und Felicien David waren dieses Konzertgenußes theilhaftig.
C. Mr
Der Wanderer, 5 Januar 1846 (S. 16)
Großes Instrumental- und Vocal-Concert des Hrn. Hektor
Berlioz.
Ehevorgestern im k. k. priv. Theater an der Wien.
In diesem Concerte, welches auf allgemeines Verlangen Statt fand, wurde “Romeo und Julie,” dramatische Symphonie in zwei Abtheilungen, mit Chören, Sologesängen und Prologen in dreistimmigen, vierfach besetzten Recitativen, nach Shakespeare’s gleichnamiger Tragödie, componirt von Hrn. Berlioz, zur Aufführung gebracht.
Die erste Abtheilung bestand aus folgenden Nummern: 1. Instrumental-Introduction — Streit, Tumult, Beilegung desselben durch den Fürsten. 2. Erster Prolog. Recitativ mit kleinem Chor. Strophen mit Chor für Contralto-Solo, gesungen von Frl. Betty Bury. Fortsetzung des ersten Prologs. Erzählungen von der Fee Mab. Vokal-Scherzino für Tenor und Chor, gesungen von Hrn. Behringer (sollte die neckischen Nachtfahrten dieser Fee ausdrücken!!) Schluß des Prologs. 3. Romeo allein. Schwermuthsscene, großes Fest bei Capulet. Concert und Ball. — Andante und Allegro für Orchester allein. 4. Stille und Einsamkeit in Capulets Garten. Die jungen Capulets vom Feste heimkehrend, ziehen vorüber, indem sie Anklänge der Ballmusik singen. Chor und Orchester. Liebesscene. Adagio für das Orchester allein. 5. Die Königin Mab oder die Fee der Träume. Ein sehr langes Instrumental-Scherzo, welches das Treiben und Walten der schelmischen Fee noch weiter ausmalte!!
Die zweite Abtheilung enhielt folgende Nummern: 1. Zweiter Prolog mit kleinem Chor. 2. Leichenbegängnis Juliens. Chor der Capulets mit Orchester. Zuerst Instrumentalfuge mit einer Psalmodie auf der einzigen Note im Chore; dann dieselbe als Vokalfuge mit der Psalmodie im Orchester. Wer dieselbe für’ eine Fuge hält, hat noch in seinem Leben keine Fuge gehört. 3. Romeo in der Gruft der Capulets. Feierlicher Abschied von Julien. Erwachen Juliens. Begeisternder Ausbruch von Freude, unterbrechen durch die ersten Wirkungen des Giftes. Todesangst und Tod der beiden Liebenden. — Orchester allein. 4. Finale. Doppelchor der Capulets und Montagues. Streit der beiden Familien auf dem Friedhof. Recitativ, Arie, Gebet des Pater Laurenzo (die einzige der Personen des Trauerspiels, die hier singend eingeführt wird), gesungen von Hrn. Staudigl und dem Chor. Versöhnungsschwur der Capulets und Montagues. Das Solo des Schwurs gesungen von Hrn. Staudigl.
Aus vorstehendem Programm ersieht man, daß die Form dieser Symphonie sich von Allem, was uns bis jetzt in diesem Genre bekannt geworden, sehr wesentlich unterscheidet, und Hr. Berlioz hat dieser wunderlichen Tondichtung wahrscheinlich wegen der Präponderanz des Instrumentale über das Vokale, diesen und nicht den Namen Cantate beigelegt. Der geehrte Leser erwarte nicht, daß ich die einzelnen Nummern derselben musikalisch seciren oder kritisirend durchgehen werde; ich werde hier nur den daraus entnommenen Totaleindruck, mein spezielles Glaubensbekenntnis aussprechen.
Nach der Carnevals-Ouverture, die ich bereits von des Hrn. Berlioz Composition gehört und besprochen habe, hoffte ich zwar keineswegs von diesem “Romeo und Julie” ein gediegenes Werk der Kunst, aber mindestens doch ein durch Originalität und Geist sich auszeichnendes, wenn auch in phantastischer Licenz hinbrausendes Tongemälde zu hören. Ich habe aber, trotz meiner gespanntesten Aufmerksamkeit, mit der ich auf jede Note horchte, im Ganzen nicht viel Besseres, als ein Tongewebe ohne ordentlichen Ideen, ohne Form, ohne Poesie, ein Gewebe, das nur unaufhörlich nach Neuheit, nach Genialität strebt, nichst als ein zusammengewürfeltes Chaos gefunden. Einzelne, mitunter sehr frappante Lichtpuncte sind wohl hie und da aufgetaucht, aber wenn mann dem Werke die excentrischen Flitter der Instrumentation hinwegnähme, mit denen es äußerlich auf eine die Sinne ungeheuer bestechende, barocke Weise behangen ist, was der Componist trefflich versteht; so bliebe gewiß nichts als eine dürftige, magere, verzerrte Ungestalt übrig. Hart klingt dies Urtheil freilich, aber es ist wahr, und wer musikalische Kenntnisse und gesunden Geschmack besitzt, wer so wie ich, jede Charlatanerie in tiefster Seele haßt und nicht befangen ist, der wird und muß mir beistimmen. Das Hr. Berlioz, dieser geistreicher Kritiker, auch als Tondichter gewiß sehr viel, unendlich viel Talent besitzt, gebe ich ganz unbedingt zu, aber der keine reellen Studien gemacht hat, daß er nur seine Gedanken hinschreibt, wie sie ihm eben im Kopfe herumschwirren, nicht recht weiß, was er damit machen soll, dabei aber alles Vorhandene übermüthig über den Haufen werfen möchte, wahrscheinlich blos, um als Reformator am musikalischen Horizonte zu strahlen, das ist doch nicht zu verkennen. Doch zum Glück für die Kunst ist diess wohl absolut unmöglich.
In Betreff der Aufführung, die under des Componisten Direction Statt fand, nenne ich zuerst das Orchester des dortigen Theaters, das abermals sehr bedeutend verstärkt worden war, und an dessen Spitze der tüchtige Violindirigent, Hr. Groidl stand. Er lösste seine unendlich schwierige Aufgabe auf höchst lobenswerte Art, und ließ weder an Präcision, noch an Gleichmässigkeit etwas zu wünschen übrig.
Die Solisten, Frl. Bury, die Herren Staudigl und Behringer hatten zwar nur sehr wenig Gelegenheit, sich hervorzuthun, leisteten aber unbestritten ihr Mögliches; eben so auch das Chorpersonale. Wie so gar nicht Hr. Berlioz für die menschliche Stimme zu schreiben versteht, davon liefert diese Symphonie sattsame Beweise.
Der größte Theil des sehr zahlreich versammelten Auditoriums, von dem sich aber nur sehr wenige überredet haben dürften, Musik gehört und davon ergriffen, gepackt worden zu sein, selbst nicht von einer einzigen Nummer, lies es doch an Beifall nicht ermangeln, besonders nach Knalleffecten, und rief Hrn. Berlioz nach und nach zwischen jeder Abtheilung. Zum Schlusse wurden sogar zahlreiche Abdrücke eines Gedichtes an Hrn. Berlioz auf das Parterre hinabgestreut, wovon ich eine Copie hier folgen lasse, um die natürlicherweise sehr gedrängt wurde.
Ferdinand Luib.
In Frankreichs Hauptstadt hab’ ich Dich begrüßt,
Dort lernt ich Dich zuerst bewundern, lieben.
Und hier, wo der Gefeiertste Du bist,
Im mächtigen Wien bin ich Dir treu geblieben.
Die schöne blaue Donau trägt Dich bald
In’s Wunderland der feurigen Magyaren,
Magst Du, wenn – Dort Dir “Eljen!” jubelnd schallt
Dem Ungar Deine Freundschaft auch bewahren.
Die Besten wohl, sie nahten freudig Dir
Und grüßten ohne Neid den fremden Meister
Als Meister schaffe rüstig für und für!
Dir dienstbar sind des Wort’s, der Töne Geister.
Und züngelt je Dich bleiche Mißgunst an:
Das hind’re nimmer Dich am Vorwärtsschreiten.
“Wer genug dem Besten seiner Zeit gethan,
Der hat – mein Freund! – Gelebt für alle Zeiten.”
O, folge immer Deinem Genius!
So groß und kühn! – so rühmend und erschütternd!
Sing’ uns von erster Liebe, erstem Kuß! –
Von wilden Leidenschaften, ungewitternd,
Sing’ uns die Lust des Carnevals! sing Wein!
Tyrtaeus gleich laß Freiheitslieder schallen!
Sing uns von Schlachten, wo in blut’gen Reig’n
Für’s theure Vaterland die Helden fallen.
H....... ) [Hofzinser]
) Dieses Gedicht finden wir zu passend, als daß wir dessen Mittheilung vorenthalten könnten. D(ie) R(edaktion)
Allgemeine Theater Zeitung, 5-6 Januar 1846 (S. 15-16)
Die Romeo und Julie-Symphonie von
Hektor Berlioz
(Zum 1. Male aufgeführt im Theater an der Wien, am 2. Jän. 1846)
Ein musikalisch-kritisches Capriccio von Wießt.
Hektor Berlioz had alle die großen und kleinen Leiden und Freuden eines berühmten Mannes in Wien durchleiden müssen! Die Einen haben ihm in Liebe und Verehrung einen silbernen Tactirstock verehrt, während die Anderen mit dem massiven Knüttel einer engherzigen, rücksichtlosen Kritik auf ihm selber herumtactirten. Dazu kam noch der kleine David, der diesem Musik-Goliath zwar keinen tödtenden Stein auf die erhabene Stirne schleudern konnte, aber zu seinen Füßen doch so viel Wüstensand aufdämmte, daß er in seinem Wiener Triumphzuge doch etwas gehemmt war. Und in der letzten Production hat der gute Hektor Berlioz — gar noch ein herabflatterndes Gedicht ausstehen müssen! So etwas thun Einem die Freunde — was kann man da erst von den Feinden erwarten? In allen musikalisch-kritischen Kreisen Wiens hat Hektor Berlioz nur Exaltation in Lob und Tadel gefunden, nirgends eine wahre richtige Mitte des Urtheils, die besonnene, ruhige Würdigung seiner reichen Talentbegabung. Aber das spricht ebenso für die merkwürdige geistige Wesenheit dieses Mannes! Überall, wo er mit seiner Musik hinkommt — Kampf und Streit, Liebe und Haß! Hektor Berlioz ist so ein Krümchen geistiger Sauerteig, der alle Gefühlselemente in Gährungsproceß bringt. Solche Leute muß es aber auch in der Kunstgeschichte geben! Dieser Hektor Berlioz, das ist solch eine musikalische Erdbeben-Natur, welche die Stagnation unserer musikalischen Geschmackszustände etwas durcheinander wühlt und namentlich höchst wohltätig das faule Musiker-Erdreich aufrüttelt. Hektor Berlioz muthet seinen Hörern mit seiner Musik-Tendenz bisweilen außerordentlich viel Ausdauer zu, dafür aber empfängt er auch mit echt künstlerischer Resignation Alles, was man ihm zuweist — schnöden Tadel und überschwengliche Verhimmelung, silberne Tactirstöcke — Festessen — gereimte und ungereimte Gedichte, Beifallsjubel und Schlangengezische. Seine geistige Wesenheit, das ist der Damascener-Stahl, je mehr man ihn putzt, desto mehr Tiefbläue des reinen Himmels zeigt er; je mehr man aber auch auf ihm herumdämmert, und wäre es mit kritischen Cyclopen-Gewichtern, desto elastisch-schwunghafter, desto geistig-schneidiger, desto mehr helle Funken sprühend wird er!
Hektor Berlioz hat in seinen früher gegebenen Concerten in Wien, in seinen früher gehörten Compositionen auf der gewaltigen Orgel seines Talentes nur präludirt, mit der Romeo und Julie-Symphonie wollte er für Wien die Riesen-Cadenz machen! Ja leider eine Cadenz — den Fall eines großen musikalischen Geistes, einen completen Titanen-Sturz! Ich halte die Romeo und Julie-Symphonie Hektor Berliozs für die Verirrung eines großen, componistisch-schaffenden Geistes, eine Verirrung, die aber für den höher musikalisch Gebildeten gewiß von psychologischerem Interesse ist, als der regelrechte, schnurgerade Alltagsgang unserer kleinen nüchternen Compositeur-Geister. Das, was uns Hektor Berlioz in dieser dramatischen Symphonie bietet, das kann schon keine Inspiration, kein poetisch-begeisterter Gefühlserguß mehr sein, und ist diese ganze Romeo und Julie-Geschichte, dieser kurze selige Liebestraum zweier Herzen nicht ganz der Erguß einer großartig-dichterischen Inspiration? Wo ist in dieser Berliozschen Romeo und Julie-Symphonie Blüthe und Blume, Duft und Farbenzauber der Shakespeareschen Dichtung? Wie wiegt da die einzige Balcon-Scene — tausende dieser dickköpfigen Noten auf! Ich spreche hier nicht von dem Form-undinglichen dieser Symphonie, von den Prologen, von den mehrstimmigen, vierfach besetzten Recitativen, von den Instrumentalfugen mit einer Psalmodie auf einer einzigen Note im Chore, und dann wieder von der Vocalfuge mit der Psalmodie im Orchester, ich spreche hier nicht von diesen Umkehrungen und Umstürzungen altbestehender Formen, denn wir sind in dieser Art von Berlioz schon das Schrankenüberflügelnde, das Ungeheuerlichste gewohnt, aber daß Berlioz uns diese großartige Liebestragödie beinahe durchgehends musikalisch-didactisch, möchte ich sagen — wie einen alten Classiker commentirt, daß er uns in diesen dunkeln Labyrinthen tragischer Menschengeschicke, in dieser geheimnißvollen Werkstätte der Gedanken, Gefühle und Ahnungen wie ein Cicerone herumführt und uns explicirend zuruft: “Sehen Sie hier, meine Hochverehrten, das ist Kampf und Streit, das ist Liebeslust, das ist Schwermuth, das ist begeisterter Ausbruch von Freude, unterbrochen durch die ersten Wirkungen des Giftes, das ist Todesangst und Tod der beiden Liebenden, das Alles male ich in Tönen aus,” daß uns Hektor Berlioz den Blüthenstaub von den Schmetterlingsflügeln dieser wunderbaren Dichtung mit der Hand der kühlen musikalischen Skepsis, mit dieser Instrumentaleffect-Sophisterei abstreift, das wird ihm gewiß kein poesie-empfängliche Herz zu Dank wissen! Und trozt dem gar keine Objectivität in der musikalischen Behandlung des aufgegriffenen Stoffes! Das ist nicht Romeo und Julie in Liebeslust und Liebespein, das sind nicht die Capulets und Montagues der Sagendichtung, das ist nicht der zur Liebe ladende milde Sternenhimmel Italiens, das ist nicht der Grabesseufzer aus der Ahnengruft des Capulets, das ist immer und immer der geistreiche Musik-Kunstforscher Hektor Berlioz in seinem Gedanken-Atelier, in seinem musikalisch-chemischen Laboratorium, wie er Romeo und Julie anatomisirt, wie er die Fee Mab und ihre Mondstrahlen chemisch analysirt, wie er die zahllosen Instrumente destillirt, um wunderbare, noch nie dagewesene Effecte hervorzubringen — in dieser ganzen Romeo und Julie-Symphonie entfaltet sich dies clair obscure der Studierstube Hektor Berliozs, diesen brütenden, nach Unendlichem ringenden Faust in der Componistenwelt. Ich hätte mir von Hektor Berlioz eine schärfere, wahrere musikalische Charakteristik erwarten! Die Chöre der Capulets und Montagues, sie tragen alle eine und dieselbe Farbe des musikalischen Ausdrucks. Selbst Bruder Laurenzo, das versöhnende Princip im Ganzen, ist mir in seinen Weisen zu wenig milde, zu wenig christlich-erbarmend, zu wenig göttlich-verzeihend, er scheint mir in seiner musikalischen Charakteristik zu fromm-fanatisch, zu menschlich-rächerartig, zu wild in seiner Gefühlserhebung. Auch der Schlußchor des Ganzen, jene Verschmelzung der beiden Parteien Capuleti und Montagues scheint mir zu theatralisch-pomphaft, zu lärmend-effectvoll in der musikalischen Charakteristik gehalten. Ich weiß nicht, ob zerknirschte, reuevolle Gemüther, wenn sie sich vor der Gewalt des Göttlichen beugen, und Worte wie folgende singen:
“Ja, wir schwören bei dem heiligen Symbole,
An der Leiche des Sohns und an der Tochter Bahre,
Bei der tröstenden Pein des Erlösers,
Ja, wir schwören bei dem Gott hier am Kreuz!”
ob sie ihre mildere Gefühlsstimmung in solchen Ton-Kanonaden ausströmen lassen können, wie es hier der Fall ist.
Das auch diese Symphonie Hektor Berliozs, besonders im Instrumental-Musik-Theile, viele frappirende, großartige Einzelheiten aufzuweisen hat, wer möchte dies verneinen? Ich glaube, ein wahrhaft geistreicher Mensch kann auch in Fieber Paroxysmen nichts Ordinäres durcheinander fantasiren; die edlere Psyche blitzt doch überall geistig flammend durch! So wird auch Hektor Berlioz in all diesen Gefühlsverirrungen seiner Romeo- und Julie-Symphonie nirgends platt, nirgends banal, nirgends alltäglich-barock! In seinen Verirrungen selbst ist er immer noch aarkräftig, er segelt so hoch in die Wolkengebiete der Fantasie hinauf, daß ihn kein menschliches Auge mehr entdecken kann, oder er stürzt sich in seinen Verirrungen so unendlich tief in den Ocean der musikalisch-philosophischen Grübelei hinunter, daß ihm selbst kein deutscher Mathematiker in diese nten Potenzen der Tiefe mehr nachfolgen kann, aber gewöhnlich, hausbacken, spießbürgerlich, ist er selbst in seinen Verirrungen nicht. In seinen Fehlern und Vorzügen bleibt Hektor Berlioz ein außerordentlicher Mensch, ein großer musikalischer Tactiker, der selbst in verlorenen Schlachten die Ehre des schaffenden Künstlers, dem Kunstverständigsten gegenüber, zu retten weis! So hat z. B. dieses Werk Berliozs im ersten Theile (das Andante und Allegro für Orchester allein, die Liebescene, Adagio für das Orchester allein, der Gesang der jungen Capulets vom Feste heimkehrend), wahre musikalische Herrlichkeiten aufzuweisen, leider gleicht aber diese Romeo- und Julie-Symphonie den fabelhaften Steingebilden mit den hold lachenden Frauen-Physiognomien und den üppigen Wuchsformen, die sich aber hinten nach in einen häßlichen schuppigen Fischschwanz verlieren. Im zweiten Theile da erlahmt die schaffende Kraft des Compositeurs, denn hier rächt sich auch, möchte ich sagen, an diesem verwegenen Geist das verletzte musikalische Naturgesetz, und zeigt uns zur Genüge in diesem begeisterten Ausdruck von Freude — unterbrochen durch die ersten Wirkungen des Giftes das grollende “Bis hierher und nicht weiter” in der Malerei der Instrumentalmusik-Effecte! Die Königin Mab — oder die Fee der Träume, dieses Instrumental-Scherzo, bei welchem Scherze vielleicht den ausführenden Musikern die Blutstropfen auf der Stirne perlten, es mag wol die pythagorische Eselsbrücke in der gesammten, bisher bekannten Orchester-Production sein — sie wurde aber siegreich, mit klingendem Spiele, von dem tüchtigen, meisterhaft eingeübten Orchester des Theaters an der Wien passirt, gewiß eine in jeder Beziehung höchst auszeichnende Ehre, da Hektor Berlioz diese Riesenwucht der Orchester-Production keinem Orchester in Deutschland, selbst nicht seinem großen pariser Orchester aufzubürden den Muth hatte. Ich muß aufrichtig gestehen, ich hätte im eingehenden Verfolgen dieser unheimlichen musikalischen Magie, in diesem ängtslichen Lauschen nach schwingenden und klingenden, schnurrenden und schnarrenden, miauenden und quickenden, säuselden und donnerwetternden Tönen beinahe alle möglichen Gattungen Nervenkrämpfen bekommen! Wunderbar mögen diese metaphysischen Instrumenten-Effecte sein — aber schön, wohlthuend, erhebend, die Mission der Musik erfüllend sind sie nicht! Ich bin kein Geschmacks-Pedant, kein musikalischer Zopf-Deutschthümler und klebe mit meinen Kunstansichten nicht an der armseligen Scholle, aber ich möchte doch wissen, wenn ein deutscher Genius — z. B. ein Mendelssohn-Bartholdy — solch einen Instrumental-Scherz wie diese Königin Mab, dem deutschen Publikum auflastete, ob es diese Zumuthung mit derselben Resignation und Theilname wie der ausländischen Kunstgröße gegenüber, aufnehmen würde? Die Franzosen haben Recht, wenn sie von nun an mit ihren Compositions-Armeen über den Rhein setzen, sie finden im deutschen Geiste der Gegenwart genug Geschmacks-Sympathien, und auch unsere Lorberkränze, auch unsere Thalerscheine und Guldenstücke sind eben nicht zu verachten. Aber eine rätselhafte Musik-Epoche haben uns diese componirenden Celebritäten Frankreichs dennoch aufgerollt, eine Musik-Epoche, in der man beinahe früher türkisch und arabisch lernen müßte, um eine Symphonie-Ode ganz genießen zu können, und in der man zum genaueren Verständniß einer solchen dramatischen Symphonie, Hegels Metaphysik im kleinen Finger haben muß.
Die Ausführung war von dem schönsten, eifrigsten, künstlerischen Wollen beseelt. Das Orchester under Groidl’s umsichtiger Leitung gab sich muster- und meisterhaft in dieser unendlich complicirten Musik zu erkennen. Die Chöre waren hie und da schwankend, im Ganzen aber ebenfalls tüchtig zusammengehalten. Dem. Bury, eine unserer geistvollsten Gesangs-Dilettantinen, sang ihr anstregendes Contre-Alt-Solo mit reinsten Intonation und der innerlichsten lyrischen Schwunghaftigkeit. Meister Staudigl, rettete das Final der Symphonie durch seinen markigen, gefühlserhebenden, Wahrheitdurchdrungenen Gesangs-Vortrag.
Das sehr zahlreich versammelte Auditorium, erwies dem scheidenden reichbegabten Tonsetzer, die größten Ehrenbezeigungen! Es schied mit richtigem Tacte, das Schöne, Klare, Geläuterte, von dem Forcirten, Schlackenhaften in dieser Composition aus, und wies jenem enthusiastischen Beifall, diesem die schöne Milde wahrer Bildung zu. Hektor Berlioz wurde oft stürmisch gerufen.
Die musikalische Soirée war durch die Gegenwart Ihrer kaiserlichen Hoheiten des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Franz Karl, und den durchlauchtigsten Frauen Erzherzogin Sophie und Hildegarde beehrt.
Der Wanderer, 6 Januar 1846 (S. 20)
— Hektor Berlioz reiset schon nächstkommende Woche nach Prag, woselbst bereits zur Aufführung seiner Compositionen Verbereitungen getroffen sind; von da reiset er nach Pest, von wo er wider in Wien entrifft, um auch da ein großes Instrumental-Concert im k. k. großen Redoutensaale zum Besten mehrerer Humanitätsanstalten zu arrangiren.
C — o.
Allgemeine Theater Zeitung, 6 Januar 1846
Wiener Tagsblatt
*** — Ehevorgestern, (Freitag), Abends, veranstalte Hr. Ernst zu Ehren des Hrn. Berlioz eine Soirée, die eben so interessant als in jeder Beziehung genußreich war. Nach dem Concerte, welches Hr. Berlioz an diesem Abende im Theater an der Wien gegeben hatte, versammelte sich die Gesellschaft bei Hrn. Ernst. Unter den Anwesenden bemerkte man außer Hrn. Berlioz die Herren Saphir, Baron Lannoy, Dreyschock, Seymour Schiff, Fischhof, Dr. Becher, Dr Leo Herz, Mielichhofer, Francoletti und mehrere andere Kunstfreunde. Nach dem Souper improvisirte der ausgezeichnete Pianist Hr. Seymour Schiff über drei ihm von den Herren Berlioz, Ernst und Becher gegebene Themas zugleich, und riß durch seine wirklich staunenswerte Bravour die ganze Versammlung zum stürmischen Beifall hin. Hierauf erfreute Ernst die Gesellschaft durch den Vortrag eines, von Hrn. Schiff componirten Nocturno für Violine und Piano, und trug dann auf Ersuchen des Hrn. Berlioz seine Elegie so trefflich vor, daß die ganze Gesellschaft durch die hohe Poesie und Wehmuth seines Vortrages, sichtlich gerührt war. Rührung sollte und durfte aber nicht das Losungswort der Soirée sein, und darum gab Ernst dem allgemeinen Wunsche nach, und brachte durch seinen zauberhaften “Carneval von Venedig” wieder die fröhliche Stimmung hervor, und enthusiasmirte seine Gäste in so hohem Grade, daß er ihrem dringenden Verlangen nicht widerstreben konnte, noch etwas zum Besten zu geben, worauf Hr. Berlioz sich die Otello-Fantasie ausbat, die Ernst entzückend schön vortrug. Ein seltenes Vergnügen verschaffte der Gesellschaft die Anwesenheit des Hrn. Bosco, indem dieser Tausendkünstler par excellence die überraschendsten Kunststücke producirte, denen auch der, in diesem Genre ausgezeichnete Dilettant Hr. Hofzinser, einige anreihte.
Allgemeine Theater Zeitung, 10 Januar 1846 (S. 36)
Geschwind, was gibt’s in Wien neues?
*** — Hektor Berlioz wird vor seiner Abreise nach Prag im k. k. großen Redoutensaal morgen Sonntag, den 11. Jänner, ein großes Concert geben, in welchem auch die Herren H. M. Ernst, J. Pischek und Seymour-Schiff aus besonderer Gefälligkeit mitmirken. Das Concert besteht aus zwei Abtheilungen und zehn Nummern, und beginnt um half ein Uhr Mittags. Die sämmtlichen Compositionen, außer einem Rondo von Ernst, einem Gesangstücke von Esser und einer Fantasie von Seymour-Schiff, sind von H. Berlioz. Das Orchester des k. k. priv. Theaters an der Wien, bedeutend verstärkt, wird von Hektor Berlioz persönlich dirigirt.
*** — Sophie Bohrer, die kleine Pianistin, welche sich durch ihr wahrhaft staunenswerthes Talent den Ruf einer ausgezeichneten Künstlerin erwarb, wird dieser Tage in Wien eintreffen, um daselbst einige Concerte zu arrangiren.
Allgemeine Theater Zeitung, 12 Januar 1846
Geschwind, was gibt’s in Wien neues?
*** — Dinstag, den 13. dieses, reiset Hektor Berlioz nach Prag.
Allgemeine Theater Zeitung, 13 Januar 1846 (S. 43)
Hektor Berlioz — Concert d’adieu
(im k. k. großen Redoutensaale. Sonntag, am 11. Jänner 1846.)
Hektor Berlioz hat uns im Scheiden nach Wien noch einen großen musikalischen Genuß bereitet, indem er uns in diesem Abschieds-Concerte eine Auswahl seiner gediegensten Compositionen, den herrlichen Sänger Pischek, und Ernst den großen Elegiker und Humoristen auf der Violine vorführte. Das größte geistige Interesse der sehr zahlreichen und distinguirten Gesellschaft wendete sich aber dem Sänger Pischek, königlich würtembergischen Hofopernsänger zu, dem ein bedeutender Ruf voranging, der aber diesen heute durch das Meisterhafte seines Liedervortrags, durch die Prachtfülle seines edlen Baritons und die vollendete methodische Durchbildung desselben, noch um vieles überflügelte. Seit vielen Jahren hat keine Gesangserscheinung so im Sturmschritte der Talentbegabung und Kunstbildung alle Sympathien der Zuhörer in Wien zu erobern gewußt wie Pischek; seit vielen Jahren kein Sänger in Wien, durch den einfachen Liedervortrag so rühren und zu erschüttern, zu erheben und begeistern gewußt wie Pischek, der sich heute die glänzendste Triumph-Introduction für sein Gastspiel auf der Bühne des Theaters an der Wien, geschaffen. Wer in Wien schwelgte nicht jetzt noch in der Rückerinnerung an Böcks Prachtstimme, an diese wunderbaren Töne voll Adel und Wohllaut; in Pischeks Stimme ist noch mehr Schmelz, noch mehr sinnliche Uippigkeit, noch mehr verführerische Süße vorhanden, aber auch noch mehr Großartigkeit und Macht des Tons, noch mehr geistig anregende Kraft, weil hier das herrliche, werthvolle Materiale künstlerisch geläutert und, durchgeistigt ist vom Segen einer trefflichen Gesangs-Methode. Welch eine Stimme der edelsten, seltensten Art, und welch eine wahrhaft künstlerisch-vollendete Beherrschung derselben! Das klingt in Höhe, Mittellage und Tiefe gleich kräftig, voll und abgerundet, das klingt selbst im donnerwetternden Fortissimo gleich edel und schön, und das klingt ebenso im zartesten Piano — im diesem Verklingen- und Verhauchenlassen des Tons gleich edel und schön und unnennbar wohlthuend! Dieses mezza voce wie es Pischek besitzt, habe ich nur noch bei wenigen unserer größten Gesangskünstlerinen wahrgenommen, und eben mit diesem mezza voce, mit diesen geisterhaft-berührenden Vibrationen bringt Pischek die außerordentlichsten Effecte hervor. Pischek sang heute die Uhland-Essersche Ballade: “des Sängers Fluch,” eine treffliche, im deutsch-kernhaften Balladentone gehaltene Composition, mit einem Aufwande von Fantasie und Gefühlsschwung, mit einer Kraft und Wahrheit in der Charakterisirung der verschiedenen wechselnden Affecte, mit einer Klarheit in der Gefühls-Analyse, mit einer Milde und Versöhnung im lyrisch-sanften, mit einer vernichtenden Verserker-Muth des Ausdrucks im wild-dramatischen Theile dieser Composition, da war so viel Tiefe und Innerlichkeit, so viel deutsches Gemüth und deutsche Sinnigkeit vorhanden, da segelte die Poesie selber, als stolze, mächtige Armada, aud dem riesig-breiten La Plata-Strome dieser Stimme so gewaltig imponirend und siegriech einher, daß die ganze versammelte Gesellschaft, von Begeisterung hingerissen, in den lautendsten freudigsten Acclamationen aufjubelte, und den großen Künstler mehrmal mitten im Vortrage mit donnerdem Beifalle unterbrach. Pischek mußte under den stürmenden Beifallsbezeugungen der wahrhaft entzückten Zuhörer so oft erscheinen, bis er endlich, am Claviere sich selber meisterhaft accompagnirend, noch ein reizendes Liedchen von Reissiger: “die Heimat,” mit einer Sehnsucht und elegischen Gefühls-Weiche sang, die gewiß manchem schönen Auge die Thränen der Rührung entlockte, aber auch allen Anwesenden die Ansicht bekräftigte, daß Wien jetzt in seinen Künstlerkreisen leider nur für die Dauer des Augenblicks, den poesie- und stimmbegabtesten Liedersänger der Gegenwart in sich schließt. Und dieser Mann hat es noch vor einigen Jahren in unseren Opernkreisen zu keiner Entfaltung seines Talentes bringen können! Dieser Sänger mußte den Wanderstab ergreifen, da ihm die Heimat keine Kunststätte öffnen wollte! O die Schwaben! Die Schwaben! Die Schwaben! Ich weiß nicht, wer da den Schwabenstreich gemacht, wir, die wir uns dieses großartige Talent entschlüpfen ließen, oder die Stuttgarter, die diesen herrlichen Künstler für ihre Opernanstalt dauernd zu gewinnen wußten. — Pischek beginnt heute sein Gastspeil im Theater an der Wien; er wird der Held des Tages und der Mann der Wiener Opernabende sein. Ich werde noch öfters über Pischek zu sprechen Gelegenheit finden, der überhaupt den größten Gesangskünstlern der Gegenwart anzureihen ist. — Daß Ernst nach Pischeks Gesange mit seinem neckisch-lieblichen Papageno-Rondo noch in so hohem Grade das Publikum enthusiasmiren konnte, zeigt nur von der geistigen Bedeutsamkeit Ernsts als Violinkünstler, von seinen gläzenden Begabungen als Violinsänger, von der poetischen Art und Weise, wie er sein Instrument behandelt, daß es dem rührenden, erhebenden, siegenden Ausdrucke der edelsten und gebildetsten Menschenstimme nahe kommt. Daß Ernst auch heute wieder unter Beifallsjubel den “Carneval” spielen mußte, brauche ich wol nicht zu erwähnen. Ernst und der Carneval sind für die Wiener so zusammenhängend, wie ein echter Shawl mit der treuen Liebe einer Tänzerin, wir eine Bastei-Promenade mit dem Winter-Sonntagsvergnügen, wie Strauß mit dem Wiener Carneval, und der Carneval-Romain mit Hektor Berlioz. — Ernst wurde auch heute als der anerkannte Liebling des Wiener Publikums oftmals stürmisch gerufen. Auch den den Clavierspieler Hrn. Seymour-Schiff hörten wir in diesem Concerte, der zwei Tonbilder (?) aus Spohrs “Faust” vortrug. Ein recht hübsches Clavierspieler-Talent, das aber noch nicht genug künstlerische Durchbildung besitzt, um sich vor dem Wiener Publikum und in solchen Künstlerkreisen, wie sie das heutige Concert bot, mit durchgreifender Wirkung geltend machen zu können. Hr. Schiff besitzt genügende Technik für das à la camera - Spiel, sein Accompagnement der Esserschen Ballade zeigt uns geistige Conceptionskraft und anschmiegende Delicatesse; um aber in den großen Räumen des Redoutensaales siegreich mit dem Claviere durchzudringen, bedarf es der größten physischen und geistigen Kraft in Bravour und Ausdruck, die Hrn. Schiff nicht zu gebote steht. Uibrigens wurde der junge Künstler recht aufmunternd behandelt und beifällig gerufen. Hr. Schiff spielte auf einem schönen Flügel aus dem rühmlich bekannten Atelier des Hrn. J. M. Schweighofter, dessen solide Instrumente in der letzstattgehabten österreichischen Industrieausstellung die Auszeichnung der goldenen Medaille-Ertheilung erhielten. Unter Hektor Berliozs Leitung, vom Orchester des Theaters an der Wien exact und abgerundet ausgeführt, hörten wir die Carneval-Romain-Ouverture (sie wurde wiederholt), Liebesscene und Königin Mab aus der Romeo und Julie-Symphonie, und in der zweiten Abtheilung die charakteristische Symphonie Harold, in welcher auch Ernst das Viola-Solo künstlerisch vollendet vortrug. Sämtliche Compositionen Berliozs wurden durch lauten, einstimmigen Beifall gewürdigt und der scheidende Compositeur mit jene Beweisen der Auszeichnung überhäuft, die ihm das fein fühlende und musikalisch gebildete Publikum Wiens bei jeder Gelegenheit zu Theil werden ließ.
Wießt.
Allgemeine Theater Zeitung, 24 Januar 1846 (Abbildung der Photokopie)
Musikalischer Telegraph
— (Börne über Berlioz) Börne schrieb in seinen Pariser Briefen Folgendes über Berlioz: “Hier ertheilt die Regierung jährliche Preise für die besten Werke der Malerei, der Bildhauerkunst, Lithographie, Musik and so für Alle. Der erste Preis besteht darin, daß der Gewinnende auf fünf Jahre lang, jährlich 8000 Franken erhält, und dafür muß er diese Zeit in Rome zu seiner Ausbildung zubringen. Einem Deutschen würde “dieses Müssen in Rom leben” komisch klingen, denn er ist lieber in Rom als in Berlin, Carlsruhe. Aber Franzosen erscheint dies oft als Zwang, denn sie verlassen Paris nicht gern. So hat die vorige Woche ein junger Mensch, Namens Berlioz den ersten Preis der musikalischen Composition erhalten [Juli 1830]. Ich kenn ihn, er gefällt mir, er sieht aus wie ein Genie. Geschieht so etwas bei uns? Denken Sie an Beethoven.”
— — Sonntag [den 5. Dezember 1830] habe ich einem Concerte im Conservatoire beigewohnt. Ein junger Componist, Namens Berlioz, von dem ich Ihnen schon geschrieben, ließ von seinen Compositionen aufführen; das ist ein Romantiker! Ein ganzer Beethoven steckt in diesen Franzosen. Aber toll zum Anbinden. Mir hat Alles sehr gefallen. Eine merkwürdige Symphonie, eine dramatische in fünf Acten, natürlich blos Instrumentalmusik; aber daß man sie versteht, ließ er wie bei einer Oper einen die Handlung erklärenden Text drucken. Es ist die ausschweifendste Ironie, wie sie noch kein Dichter mit Worten ausgedrückt und alles gottlos. Der Componist erzählt darin seine eigene Jugendgeschichte. Er vergiftet sich mit Opium und da träumt ihm, er hätte die Geliebte ermordet, und würde zum Tode verurtheilt. Er wohnt seiner Hinrichtung bei. Da hört man einen unvergleichlichen Marsch, wie ich noch nie einen gehört. Im letzten Theile stellt er den Blocksberg vor, ganz wie im “Faust,” und das ist Alles mit Händen zu greifen. Seine Geliebte, die sich seiner unwürdig zeigte, erscheint auch in der Walpurgisnacht; aber nicht wie Gretchen im “Faust”, sondern frech, hexenmäßig.
(Frkf. Conv.)
Theater-Anzeiger
(Wohltätigkeits-Concert) Im k. k. großen Redouten-Saale wird Sonntags, den 1. Febr. ein großes Concert des Hrn. Hektor Berlioz nach seiner Rückkunft von Prag stattfinden, und zwar zum Vortheile des under dem allerhöchsten Protectorate Ihrer Majestät der regierenden Kaiserin stehenden ersten Kinderspitales am Schottenfelde. Das Programm enthält folgende interessante Nummern: Erste Abteilung: 1.) Ouverture zum “Carneval von Rom.” 2.) Prolog, für dieses Concert gedichtet von Hrn. Fridrich Kaiser, gesprochen von Hrn. Ludwig Löwe, k. k. Hofschauspieler und Regisseur. 3.) Die vier ersten Abtheilungen der fantastischen Symphonie: “Episode aus dem Leben eines Künstlers.” 1.) Traum. — Leidenschaft. 2.) Ein Ball. 3.) Scene auf dem Lande. 4.) Der Gang zum Hochgericht. — Zweite Abtheilung: 1.) Gesangstück. 2.) Gebet der Pilger auf ihrem Zuge. Fragment aus der Symphonie: “Harold.” 3.) Gesangstück. 4.) Schwermuthscene. — Concert und Ball. — Fest bei Capulet. Scenen aus der dramatischen Symphonie: “Romeo und Julie.” — Sämtliche Compositionen, außer den Gesangstücken, sind von Hrn. Hektor Berlioz. Das Orchester des k. k. priv. Theaters an der Wien, bedeutend verstärkt, wird von Hrn. Hektor Berlioz persönlich dirigirt werden. — Sperrsitze im Saale à 1 fl. 30 kr. E. M., auf der Gallerie à 2. fl. und Eintrittskarten im Saale und auf der Gallerie à 1. fl. E. M. sind in H. F. Müllers Kunst- und Musikalienhandlung am Kohlmarkt Nr. 1149 zu haben.
Allgemeine Theater Zeitung, 28 Januar 1846
Musikalisches
*** — (Pischek in Wien) — Als dieser König der Baritonisten in Hektor Berliozs Abschieds-Concerte den 11., im k. k. großen Redouten-Saale zum ersten Male vor uns erschien, trug er den Preis des Concertes davon, und wol nicht mit Unrecht, denn eine solche Stimme, ein solcher vollendeter Vortrag, diese herrliche Aussprache, die uns keine Sylbe verloren gehen läßt, dieses Anschwellen und Hinsterben der Töne, und was weis ich armer Laie alles! — genug, so etwas wurde in Wien noch nicht gehört. Pischek sang die Uhlandsche Ballade: “des Sängers Fluch.” Die Composition an sich is nicht eben ausgezeichnet, aber Pischek sang sie, und der größte Effect konnte nicht ausbleiben. [...]
Allgemeine Theater Zeitung, 26 März 1846
*** — Kriehuber’s Meisterhand is so eben mit einem großen Tableau beschäftigt. Es wird fünf Personen in ganzer Figur und in malerischer Gruppe vereinigt, enthalten. In der Mitte Liszt am Claviere, an seinem Stuhle lehnend Czerny, rückwärts Berlioz und Ernst, und vor dem Tableau — Kriehuber, dessen Porträt längst so sehnlich gewünscht wurde, und mit welchem er uns nun selbst die Freude macht. Dies interessante Tableau wird in Haslingers Hof-Musikalienhandlung zu haben sein.
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